Zauberer hat geschrieben:Kawaheld hat geschrieben: Vielleicht hole ich das Thermostat im Winter nach der Saison mal raus und schaue mal nach.
was genau willst du ausbauen und überprüfen?
Achtung! Das ist jetzt eine Testfrage.
Na, schreibt er doch: Den Thermostaten.
Ausgebaut ist er ja schnell. Dann guckt er ihn sich an, findet, dass er gut aussieht, baut ihn wieder ein und alles ist gut... hoffentlich!
Man darf doch nicht vergessen, dass bei der ZZR, wie bei allen Fahrzeugen, für alle Anzeige- und Messinstrumente Hochpräzisionsgeräte zum Einsatz kommen. Die abzulesenden Werte sind absolut und gemessen werden die Basis-SIs. Weisst Du doch. Warum sonst sind Deine Meßwerte von Volt und Ampere immer bloß einstellig, während die "gemessenen" Werte des Fragenden meist zwei-, drei- oder sonst wie stellig sind? Solltest Du Deinem eigenen Messinstrument etwa nicht trauen? Der angezeigte Wert eines 20 Cent Messwerkes jedenfalls ist immer absolut und genau! Teueres Zeug ist Abzocke!
Sollte es allerdings nicht so sein, dass die abgelesenen Werte absolut und präzise sein, dann, ja dann könnte man ja mal darüber nachdenken, was es mit dem Thermostaten und der Temperaturanzeige wirklich auf sich hat.
Fangen wir mit dem Thermostaten an. Der macht auf und zu und läßt ab einer gewissen Temperatur das Kühlwasser durch. Funktionieren tut er so: In Richtung des Motors gibt es eine Kapsel, die mit einem speziellen Wachs gefüllt ist. Im kalten Zustand hält diese Kapsel einen Teller geschlossen, der den Kühlwasserstrom blockiert. Wird das Kühlwasser warm, wird das Wachs flüssig, dehnt sich aus, öffnet den Teller und das Kühlwasser durchfliesst den Kühler. Wird das Kühlwasser kälter, was es hoffentlich macht, wenn es den Kühler durchströmt, wird das Wachs auch kälter und zieht sich zusammen: Der Durchfluß wird geringer. Daneben gibt es immer noch einen Kühlwassernebenstrom, meist einfach ein kleines Loch im Teller, damit der Druck im Kühlsystem durch die laufende Kühlwasserpumpe bei geschlossenem Teller nicht zu hoch ansteigt. Das war's, mehr ist nicht. Jetzt ist es leicht vorstellbar, dass ein Wachs als Ausdehnmedium ziemlich weit weg von präzise ist. Ja, genau! Manchmal steht auf dem Teller drauf, wann der Thermostat öffnen soll. Fast immer irgendwo zwischen 80 und 90 Grad Celsius.
Prüfen, ob der Thermostat noch funktioniert, ist leicht: Ausbauen, einen Topf mit Wasser auf den Herd stellen, da den Therostaten reinschmeissen und zugucken. Wenn das Wasser heisser wird und langsam zum Kochen kommt, öffnet sich der Teller. Das sollte eigentlich lange vor dem Kochen passieren, aber da ich ja nicht weiss, ob jemand im Gebirge lebt, wo das Wasser früher kocht, muß das nicht so sein. Also: Der Teller muß irgendwann aufgehen. Und zwar ziemlich weit. So fünf bis 10 mm, man muß also deutlich durchgucken können.
Dann den Topf vom Herd nehmen und das Wasser abkühlen lassen. Dabei muß der Teller sich schliessen. Abkühlen dauert länger als erhitzen, also Geduld. Und das ganze Teil bleibt im Wasser! Nicht rausnehmen und am Teller rumdrücken. Nein, auch nicht "nur mal so ein klein bischen". Die Wachskapsel ist für sowas nicht gemacht und mechanische Belastung zerstört den Thermostaten. Fake-News Verfasser behaupten sogar, dem Typen, der gerade diesen Beitrag schreibt, sei das in jungen Jahren so gegangen. Weil er seine Finger nicht weglassen konnte! Ist natürlich nie nicht wahr gewesen.
Es bringt nichts, irgendwelche Öffnungstemperaturen zu messen, es kommt nicht auf 5 oder 10 Grad an. Die handelsüblichen, im Haushalt vorhandenen Bratthermometer zeigen beliebig abweichende Werte an, damit messen bringt also auch nichts. Das kochende Wasser ist allerdings vom größten Ignoranten nur noch schwer zu übersehen: Ist der Thermostat also immer noch zu, wenn es heftig brodelt und dampft, ist der Thermostat wegwerfreif.
Im Grunde kann man aber die Finger vom Thermostaten lassen. Das Teil ist ziemlich ausgereift und geht von selbst kaum je kaputt. Klar, wenn Teile im Wasserkreislauf rumflitzen oder die Kühlflüssigkeit mal fast eingefroren ist, dann schon.
Die Temperaturanzeige hat damit so gut wie nix zu tun! 'Doch, ist so. Das ganze Geraffel, also die Temperaturmessmimik, besteht aus zwei Teilen: Dem Temperatursensor und dem Anzeigeinstrument. Der Sensor ist im Prinzip ein Halbleiter, der im Kühler sitzt. Der hängt an einer Seite am Pluspol der Batterie und wird mit der Bordspannung versorgt. Der andere Anschluß des Sensor geht zum Anzeigeinstrument und über das Instrument zurück an Masse. Der Sensor macht etwas, was sonst eigentlich eher selten passiert: Sein elektrischer Widerstand nimmt mit zunehmender Temperatur ab.
Ist das Kühlwasser kalt, ist der Widerstand hoch. Die Anzeige oben ist nichts weiter als ein Voltmeter. (Streng genommen ist es nicht ganz so, aber man braucht nicht zu wissen, warum man mit einem Strommesser auch Spannung messen kann.) Durch den Widerstand am Sensor ist die Spannung oben am Instrument klein, - keine Anzeige. Wird das Kühlwasser warm, sinkt der Widerstand des Sensor, oben steigt die Spannung und der Zeiger schlägt aus.
Das funktioniert ziemlich gut, aber der Zeigerausschlag oben hat mit der genauen Wassertemperatur praktisch nichts zu tun. Note to self: Fahrzeugteile müssen billig sein! Fangen wir wieder mit dem Sensor an: Die Kennlinie ist nicht linear, d.h. der Widerstand ändert sich bei einem Temperaturanstiegs von 20 auf 30 Grad anders als bei einem Anstieg von 70 auf 80 Grad. NTCs, so heissen die Sensoren im wirklichen Leben, werden mit unterschiedlichen Toleranzen hergestellt. Es gibt Serien mit 5, 10 und 20% Toleranz. Heisst: Wo der eine Sensor 50 Grad misst, misst sein Bruder, der vom selben Band gefallen ist, 40 Grad! Oder 60 Grad. (Also eigentlich nicht die Temperatur, sondern der NTC hat einen entsprechenden Widerstand.) Und träge ist der Sensor auch noch: Bevor er seinen Widerstand ändert, vergehen einige Sekunden. Das, was der Sensor eigentlich liefert, ist eher ein vager Hinweis auf Wärme im Kühlsystem.
Die Anzeige oben, also das Temperaturanzeigeinstrument, ist fast noch unglaublicher. Ob es nun ein Drehspul- oder Dreheiseninstrument ist, weiss ich nicht, ist aber auch egal. Es besteht aus einer Achse, auf der die Nadel montiert ist. Auf der Achse sitzt ein Weicheisen. (manchmal auch ein Magnet) Um das Weicheisen herum eine Spule, durch die die Spannung, die vom Sensor kommt, durchfliesst. Es entsteht ein Magnetfeld, das das Weicheisen mitnimmt. Dann sitzt auf der Achse noch eine Feder, die die Drehung der Achse durch das Magnetfeld hemmt. Wird die Achse durch das Magnetfeld gedreht, setzt die Feder der Drehbewegung einen Widerstand entgegen. Dadurch bleibt die Achse irgendwann stehen und kann nicht weiter. Steigt die Spannung, wird das Magnetfeld also stärker, dreht sich die Achse noch ein Stückchen. Sehen kann man dass, weil oben an der Achse der Zeiger aufgesteckt ist.
Diese Mimik kann man beliebig kompliziert machen und macht das auch. Die Achse muß gelagert werden. Man könnte einen scharf spitz geschliffenen Smaragden anbringen und einen entsprechenden Stein als Gegenlager vorsehen. Geht aber auch mit einem Messinglager, nicht so genau, aber billiger. Noch billiger ist, die Spitze der Achse einfach zu härten. Man kann auch die Lager ganz weglassen und die Achse schwebend im Magnetfeld aufhängen. Je präzisier man hier konstruiert, desto teurer wird's. Auch die Feder kann genau an die Kennlinie der real vorhandenen Sensor angepasst werden. Wurde und wird auch so gemacht, aber man kann sich leicht vorstellen, das so fein abgestimmte Zeigerinstrumente beliebig teuer sind. Genau, und deshalb verzichtet die KFZ-Industrie darauf. Geht ja auch so.
Was zeigt also das Zeigeinstrument an? Wenn sich der Zeiger bewegt, nachdem man einige Zeit gefahren ist, weiss man, dass das Kühlwasser warm wird. Erreicht der Zeiger irgendwann seinen höchsten Ausschlag, hat der Motor seine Betriebstemperatur erreicht. Wo der Zeiger seinen maximalen Ausschlag erreicht, hängt davon ab, wie gut das Instrument tatsächlich gefertigt ist und wie genau der Sensor die Spannung regelt. Achja: Aus physikalischen Gründen kostet jede Steckverbindung 0,5 V. Wenn also die Kette: Sensor, Zeigeinstrument, Stecker bei zwei Maschinen den gleichen Wert anzeigt, dann ist das so zufällig wie die Lottozahlen! Wenn man weiss, wo bei meiner Maschine der Zeiger so zu stehen pflegt, dann ist es auf jeden Fall angebracht, wenn der Zeiger mit einmal weiter oben steht, den Kühlkreislauf zu inspizieren. Der Kühlkreislauf übersteigt nämlich einen bestimmten Wert nie, wenn alle Teile in Ordnung sind und genügend Kühlflüssigkeit im System ist. Irgendwann springt der Lüfter an und verhindert, dass das Wasser noch heisser wird. Und wird es trotzdem heisser, steigt der Druck bis zu dem Wert, in dem Deckel der Kühlwassereinfüllöffnung eine Feder aufgeht und Dampf ablässt. _DAS_ sollte aber im Normalbetrieb nie passieren!
Was genau soll das Ganze denn dann überhaupt? Gute Frage. Eine Öltermperaturanzeige, die genau ginge, naja, so auf 5 Grad genau, wäre sinnvoller. Kann man es umbauen? Aber hallo, kann man. Dass allerdings ist dann für ein anderes Mal.
So long
oxtorner